[Film] Avatar - Aufbruch nach Pandora
Verfasst: Mo 4. Jan 2010, 01:02
Avatar
Regie und Drehbuch: James Cameron
Darsteller: Sam Worthington, Zoẽ Saldana, Stephen Lang, Giovanni Ribisi, Michelle Rodriguez, Sigourney Weaver u.a.
YouTube| Avatar: The Movie (New Extended HD Trailer
Als verkrüppelter Ex-Marine kommt man eigentlich nicht mehr weit im Leben. Jake Sully allerdings bekommt eine neue Chance geboten: Sein Zwillingsbruder sollte auf dem fernen Mond Pandora im Orbit des gigantischen Planeten Polyphemus am sogenannten Avatar-Projekt teilnehmen, bei dem der Geist der beteiligten Menschen in speziell gezüchtete Körper schlüpfen, für die die DNS der Ureinwohner, der Na'vi, mit der DNS des menschlichen Teilnehmers kombiniert wurde. Da Jakes Zwillingsbruder getötet wurde und sein Avatar aber nur auf seine DNS anspringt, wird nun Jake für das Projekt rekrutiert.
Das Avatar-Projekt dient einem wirtschaftlichen Ziel. Das ungemein wertvolle Unobtanium findet sich nur auf Pandora, und die Siedlungen der Na'vi befinden sich meist direkt über den größten Vorkommen von Unobtanium. Mit den Avataren sollen Wissenschaftler das Vertrauen der Na'vi erlangen und zum Umsiedeln bewegen.
Seit längerem jedoch sind die Na'vi den Menschen und auch den Avataren, von ihnen "Traumwandler" genannt, gegenüber misstrauisch und lassen sie nicht mehr in die Nähe ihrer Siedlungen. Sie sehen die Menschen als Eindringlinge, die ihren Wald zerstören wollen.
Als Jake Sully nun in seinem neuen Avatar erstmals mit auf eine Expedition geht, um die Wissenschaftler zu beschützen, wird er gleich von einem gigantischen Raubtier angegriffen und von der Gruppe getrennt. Zwar kann Jake sich vor dem Raubtier retten, verliert dabei aber seine Ausrüstung und muss die Nacht im Wald von Pandora verbringen.
Dabei lenkt er die Aufmerksamkeit der jungen Na'vi-Kriegerin Neytiri vom Stamm der Omaticaya auf sich. Will sie ihn anfangs noch aus dem Hinterhalt töten, glaubt sie doch ein Zeichen der göttlichen Eywa zu erhalten und verschont den Traumwandler. Sie bringt ihn stattdessen zu ihrem Heimatbaum, wo ihre Mutter Mo'at, die spirituelle Führerin der Omaticaya, beschließt, dass er bei ihnen bleiben darf. Neytiri bekommt die Aufgabe, den Fremden mit den Gebräuchen ihres Volkes vertraut zu machen.
Die Menschen sehen darin eine große Chance. Der Leiter der Minenoperation Parker Selfridge und der militärische Leiter Colonel Miles Quaritch wollen, dass Jake Informationen über die Na'vi sammelt, die zu einer möglichen militärischen Lösung beisteuern können. Jake und die Wissenschaftler um Dr. Grace Augustine hoffen jedoch, dass Jake die Omaticaya zum Umsiedeln bewegen kann.
In den nächsten drei Monaten lernt Jake die Gebräuche der Na'vi kennen. Er erlebt die Harmonie dieses Volkes mit der Natur von Pandora, er erfährt, dass die Na'vi mithilfe von Nervenenden in ihren langen Zöpfen direkten seelischen Kontakt mit den Tieren von Pandora aufnehmen können. Und er verliebt sich in Neytiri.
Dr. Augustine findet derweil heraus, dass ganz Pandora ein gigantischen Netzwerk ist, und jedes Lebewesen, jede Pflanze ist ein Teil dieses Netzwerkes, Pandora ist wie ein gigantisches Gehirn, Eywa ist real. Und die gigantischen Bäume sind die Nervenzentren.
Dies interessiert Selfridge und Quaritch allerdings wenig. Nach drei ergebnislosen Monaten schicken sie die Bulldozer los. Als Jake mit dem erbarmungslosen Angriff der Soldaten und Minenarbeiter gegen den Wald konfrontiert wird, muss er sich endgültig zwischen den Menschen und den Na'vi entscheiden.
James Cameron hat sich viel Zeit gelassen, um diesen Film zu realisieren. Doch die Zeit war nicht verschwendet.
Mag die Geschichte noch so vertraut wirken (immerhin gibt es von Robin Hood und Pocahontas über den "Wüstenplaneten" bis hin zu "Der mit dem Wolf tanzt" sehr ähnliche Legenden und Filme), im Detail ist sie neu und komplex. Zu Anfang des Films ist Jake noch in einem hilflosen Zustand, von der Hüfte abwärts gelähmt. Eine Metapher für das Säuglingsstadium. Als Jake erstmals in seinem Avatar steckt und die ersten Schritte tut, so erinnert es nicht von ungefähr an die ersten Schritte eines Babys. Auch Neytiri meint bei ihrer ersten Begegnung, er sei unbeholfen wie ein Baby.
In diesem Falle stellt Quaritch einen gewalttätigen Vater dar. Gewalt ist sein Ziel, sie ist zu seinem Lebensinhalt geworden. Selfridge (passender Name, übrigens) stellt die reine Gier dar. Die beiden verkörpern den Imperialismus, die Einstellung, dass der Stärkere vom Schwächeren nehmen kann, was er will. Nur die eigenen Bedürfnisse sind wichtig.
Dr. Augustine ist eine liebevolle Mutter und somit das Gegenstück zu Quaritch. Sie ist Naturwissenschaftlerin und doch hat sie einen tiefen Respekt und Aufgeschlossenheit gegenüber der Naturreligion der Na'vi. Sie stellt die Weltoffenheit dar. Und doch sind ihre Forschungen finanziell vom Imperialismus von Selfridge und Quaritch abhängig.
Ein Ritual der Omaticaya macht aus dem Kind Jake Sully einen Mann und ein vollwertiges Mitglied des Stammes, und Neytiri wird zur ersten Liebe des Mannes.
Konsequenterweise führt der Film das Jake Sully zur Konfrontation mit seinem "bösen Vater" Quaritch. Jake muss sein eigenes Leben unabhängig von den Vorstellungen des dominanten Vaters führen.
Auch aktuelle Bezüge sind natürlich leicht im Film zu finden. Sehr kritisch gegenüber dem imperialistischen Verhalten der westlichen Industrienationen werden natürlich Allegorien zum Irakkrieg (mit dem Unobtanium als Metapher für Erdöl) und dem Krieg gegen den Terror präsentiert. An einer Stelle erklärt Selfridge, den Investoren würde schlechte Presse missfallen, aber noch weniger würden sie schlechte Quartalszahlen mögen. An anderer Stelle kündigt Quaritch an, sie würden "Terror mit Terror" bekämpfen. Der Angriff der Marines auf den Heimatbaum der Omaticaya löst schließlich Assoziationen zum Fall des World Trade Centers aus, eine Erinnerung an die Zuschauer, dass das von Gier und Ignoranz ausgelöste Leid auch sie selbst erreichen kann.
Technisch ist der Film bahnbrechend. Die CGI wirkt so überzeugend, dass man sie irgendwann nicht mehr als solche wahrnimmt. Die Motion-Capture-Technik hat gegenüber den Robert Zemeckis-Filmen der letzten Jahre geradezu einen Quantensprung hingelegt, und auch die 3D-Optik kommt unaufdringlich, aber spektakulär rüber. Es sei dringend angeraten, sich den Film in 3D anzusehen, auch wenn er auch in 2D ein sehr, sehr guter Film sein dürfte.
"Avatar" ist Camerons triumphale Rückkehr auf den Regiestuhl. Atemberaubendes Popcorn-Kino mit spektakulären Bildern, einer faszinierenden und detailliert ausgearbeiteten Welt und eine Geschichte, bei der der Zuschauer sein Hirn nicht ausschalten muss, um den Film genießen zu können. Einer der besten Filme des vergangenen Jahrzehnts, ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht. 10/10
Regie und Drehbuch: James Cameron
Darsteller: Sam Worthington, Zoẽ Saldana, Stephen Lang, Giovanni Ribisi, Michelle Rodriguez, Sigourney Weaver u.a.
YouTube| Avatar: The Movie (New Extended HD Trailer
Als verkrüppelter Ex-Marine kommt man eigentlich nicht mehr weit im Leben. Jake Sully allerdings bekommt eine neue Chance geboten: Sein Zwillingsbruder sollte auf dem fernen Mond Pandora im Orbit des gigantischen Planeten Polyphemus am sogenannten Avatar-Projekt teilnehmen, bei dem der Geist der beteiligten Menschen in speziell gezüchtete Körper schlüpfen, für die die DNS der Ureinwohner, der Na'vi, mit der DNS des menschlichen Teilnehmers kombiniert wurde. Da Jakes Zwillingsbruder getötet wurde und sein Avatar aber nur auf seine DNS anspringt, wird nun Jake für das Projekt rekrutiert.
Das Avatar-Projekt dient einem wirtschaftlichen Ziel. Das ungemein wertvolle Unobtanium findet sich nur auf Pandora, und die Siedlungen der Na'vi befinden sich meist direkt über den größten Vorkommen von Unobtanium. Mit den Avataren sollen Wissenschaftler das Vertrauen der Na'vi erlangen und zum Umsiedeln bewegen.
Seit längerem jedoch sind die Na'vi den Menschen und auch den Avataren, von ihnen "Traumwandler" genannt, gegenüber misstrauisch und lassen sie nicht mehr in die Nähe ihrer Siedlungen. Sie sehen die Menschen als Eindringlinge, die ihren Wald zerstören wollen.
Als Jake Sully nun in seinem neuen Avatar erstmals mit auf eine Expedition geht, um die Wissenschaftler zu beschützen, wird er gleich von einem gigantischen Raubtier angegriffen und von der Gruppe getrennt. Zwar kann Jake sich vor dem Raubtier retten, verliert dabei aber seine Ausrüstung und muss die Nacht im Wald von Pandora verbringen.
Dabei lenkt er die Aufmerksamkeit der jungen Na'vi-Kriegerin Neytiri vom Stamm der Omaticaya auf sich. Will sie ihn anfangs noch aus dem Hinterhalt töten, glaubt sie doch ein Zeichen der göttlichen Eywa zu erhalten und verschont den Traumwandler. Sie bringt ihn stattdessen zu ihrem Heimatbaum, wo ihre Mutter Mo'at, die spirituelle Führerin der Omaticaya, beschließt, dass er bei ihnen bleiben darf. Neytiri bekommt die Aufgabe, den Fremden mit den Gebräuchen ihres Volkes vertraut zu machen.
Die Menschen sehen darin eine große Chance. Der Leiter der Minenoperation Parker Selfridge und der militärische Leiter Colonel Miles Quaritch wollen, dass Jake Informationen über die Na'vi sammelt, die zu einer möglichen militärischen Lösung beisteuern können. Jake und die Wissenschaftler um Dr. Grace Augustine hoffen jedoch, dass Jake die Omaticaya zum Umsiedeln bewegen kann.
In den nächsten drei Monaten lernt Jake die Gebräuche der Na'vi kennen. Er erlebt die Harmonie dieses Volkes mit der Natur von Pandora, er erfährt, dass die Na'vi mithilfe von Nervenenden in ihren langen Zöpfen direkten seelischen Kontakt mit den Tieren von Pandora aufnehmen können. Und er verliebt sich in Neytiri.
Dr. Augustine findet derweil heraus, dass ganz Pandora ein gigantischen Netzwerk ist, und jedes Lebewesen, jede Pflanze ist ein Teil dieses Netzwerkes, Pandora ist wie ein gigantisches Gehirn, Eywa ist real. Und die gigantischen Bäume sind die Nervenzentren.
Dies interessiert Selfridge und Quaritch allerdings wenig. Nach drei ergebnislosen Monaten schicken sie die Bulldozer los. Als Jake mit dem erbarmungslosen Angriff der Soldaten und Minenarbeiter gegen den Wald konfrontiert wird, muss er sich endgültig zwischen den Menschen und den Na'vi entscheiden.
James Cameron hat sich viel Zeit gelassen, um diesen Film zu realisieren. Doch die Zeit war nicht verschwendet.
Mag die Geschichte noch so vertraut wirken (immerhin gibt es von Robin Hood und Pocahontas über den "Wüstenplaneten" bis hin zu "Der mit dem Wolf tanzt" sehr ähnliche Legenden und Filme), im Detail ist sie neu und komplex. Zu Anfang des Films ist Jake noch in einem hilflosen Zustand, von der Hüfte abwärts gelähmt. Eine Metapher für das Säuglingsstadium. Als Jake erstmals in seinem Avatar steckt und die ersten Schritte tut, so erinnert es nicht von ungefähr an die ersten Schritte eines Babys. Auch Neytiri meint bei ihrer ersten Begegnung, er sei unbeholfen wie ein Baby.
In diesem Falle stellt Quaritch einen gewalttätigen Vater dar. Gewalt ist sein Ziel, sie ist zu seinem Lebensinhalt geworden. Selfridge (passender Name, übrigens) stellt die reine Gier dar. Die beiden verkörpern den Imperialismus, die Einstellung, dass der Stärkere vom Schwächeren nehmen kann, was er will. Nur die eigenen Bedürfnisse sind wichtig.
Dr. Augustine ist eine liebevolle Mutter und somit das Gegenstück zu Quaritch. Sie ist Naturwissenschaftlerin und doch hat sie einen tiefen Respekt und Aufgeschlossenheit gegenüber der Naturreligion der Na'vi. Sie stellt die Weltoffenheit dar. Und doch sind ihre Forschungen finanziell vom Imperialismus von Selfridge und Quaritch abhängig.
Ein Ritual der Omaticaya macht aus dem Kind Jake Sully einen Mann und ein vollwertiges Mitglied des Stammes, und Neytiri wird zur ersten Liebe des Mannes.
Konsequenterweise führt der Film das Jake Sully zur Konfrontation mit seinem "bösen Vater" Quaritch. Jake muss sein eigenes Leben unabhängig von den Vorstellungen des dominanten Vaters führen.
Auch aktuelle Bezüge sind natürlich leicht im Film zu finden. Sehr kritisch gegenüber dem imperialistischen Verhalten der westlichen Industrienationen werden natürlich Allegorien zum Irakkrieg (mit dem Unobtanium als Metapher für Erdöl) und dem Krieg gegen den Terror präsentiert. An einer Stelle erklärt Selfridge, den Investoren würde schlechte Presse missfallen, aber noch weniger würden sie schlechte Quartalszahlen mögen. An anderer Stelle kündigt Quaritch an, sie würden "Terror mit Terror" bekämpfen. Der Angriff der Marines auf den Heimatbaum der Omaticaya löst schließlich Assoziationen zum Fall des World Trade Centers aus, eine Erinnerung an die Zuschauer, dass das von Gier und Ignoranz ausgelöste Leid auch sie selbst erreichen kann.
Technisch ist der Film bahnbrechend. Die CGI wirkt so überzeugend, dass man sie irgendwann nicht mehr als solche wahrnimmt. Die Motion-Capture-Technik hat gegenüber den Robert Zemeckis-Filmen der letzten Jahre geradezu einen Quantensprung hingelegt, und auch die 3D-Optik kommt unaufdringlich, aber spektakulär rüber. Es sei dringend angeraten, sich den Film in 3D anzusehen, auch wenn er auch in 2D ein sehr, sehr guter Film sein dürfte.
"Avatar" ist Camerons triumphale Rückkehr auf den Regiestuhl. Atemberaubendes Popcorn-Kino mit spektakulären Bildern, einer faszinierenden und detailliert ausgearbeiteten Welt und eine Geschichte, bei der der Zuschauer sein Hirn nicht ausschalten muss, um den Film genießen zu können. Einer der besten Filme des vergangenen Jahrzehnts, ein Meisterwerk, das seinesgleichen sucht. 10/10